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15.02.03    1859 Giesing - FC Bayern München 0:5
München ist ROT !!!!!
Hatten der DFB, Sat 1 sowie eine Grippe meinen persönlichen Rückrundenstart bisher verhindert, so konnte mich heute natürlich nichts an einen Spielbesuch hindern: Das 197. Derby gegen die Ghettokinder aus dem Glasscherbenviertel stand an.
Seit meinen Umzug nach Stuttgart bedeutet dies auch keine nächtliche Bustour mehr, sondern vielmehr eine angenehme drei-stündige Zugfahrt. Am Stuttgarter Haupt-bahnhof sammelten sich dann auch die üblichen Mitfahrer (Wölfi & Co.), wovon zwei erst einmal Ihren halben Proviant auf den Bahnsteig zerbrachen (mit Dosen wär das nicht passiert, aber immerhin das Revier markiert). Die Passagiere des gegenüberliegenden Gleises waren dann auch heilfroh, dass die Bierkästen-beladene Meute nicht ihren EC enterte, sondern es sich in der Wochenendticket-tauglichen Regionalbahn bequem machte … bzw. bequem machen wollte, da der Zug den Bahnhof nicht verließ: Technische Probleme. Da die Bahn anscheinend erkannte, dass ich den Anschluss in Ulm bekommen musste und sie daher Gefahr lief, schon wieder auf die Kandidatenliste zum "Marketingflop des Jahres" zu gelangen, wurde uns gestattet, den wartenden EC ohne Aufpreis zu benutzen. Die einsetzende Fanwanderung versetzte die EC-Fahrer dann in wahre Verzückung… so spielt das Leben! Sonst gab es von der Bahnfahrt nichts zu berichten, abseits von der Meute konzentrierte ich mich in aller Ruhe auf das bevorstehende Match, wobei einem zum Glück so gut wie kein Giesinger ablenkte. In München angekommen suchte ich dann nach zig Jahren mal wieder die Gaststätte "Zum lustigen Bauern" in der Nähe vom Stadion auf, früher einmal Hauptquartier der "Münchener Tiger", heute aber nur mit ein paar Ruhrpott-Bazis sowie einigen Giesingern besetzt. Trotz dieser blauen Gäste (irgendwie war aber in gewisser Weise eigentlich jeder auf seine Art und Weise blau in diesem Etablissement) gönnte ich mir noch einige Erfrischungsgetränke, bevor es um 14 Uhr Richtung Stadion ging. Aufgrund des Derbys wollte ich heute auf jeden Fall oben im Block stehen und konnte zum Glück auch die meisten anderen Ruhrpott-Bazis dazu überreden, so dass ich in netter Gesellschaft auf den Anpfiff wartet. Einzig ein gewisser Norbert G. (Name von der Redaktion geändert) aus Mülheim hatte arge Probleme, die 8-stündige Anreise zu verdauen: Da sein bester Kollege ihn in letzter Zeit mit einer Frau hinterging, hatte er sich in die Tiefen des Alkohols gestürzt: Hatten mir meine anderen Fanclubkollegen schon erzählt, dass auf der Hinfahrt so richtig gezaubert wurde, so bestätigte sich dies: Norbert hatte urplötzlich die Reihe vor sich leer gezaubert und beanspruchte dieses Terrain fortan für sich, indem er kopfüber über den Wellenbrecher hing. Als ich das nächste Mal nach ihm schaute, hatte er sich sogar plötzlich selber fort gezaubert, und dies ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen! Aufgrund des Einlaufens der Mannschaften hatte ich aber keine Zeit mehr, mir darüber Gedanken zu machen, vielmehr trug ich durch das Hochhalten eines Papierbogens meinen bescheidenen Teil dazu bei, per Club Nr12-Choreografie den Turnern zu ihrem ersten ausverkauften Heimspiel zu gratulieren. Die Giesinger selber hatten es dank ihrer gesamten Kreativität und Organisationskraft geschafft, ganze drei Blockfahnen über ihre Köpfe zu ziehen. Fast schon peinlich wie sie ihre eigene Unfähigkeit immer wieder unter Beweis stellen. Peinlich waren ebenso die nicht zu übersehenden Lücken auf der Gegengerade. Als Zuschauerzahl wurde 64.000 genannt, aber wahrscheinlich wurden dabei alle Balljungen, Ordner etc. mitgezählt: Im wichtigsten Spiel des Jahres schaffen es die Turner nicht, das Stadion zu füllen, womit die Legende, dass München überwiegend "blau" sei, nun wirklich getrost in das Land der Fabeln abgeschoben werden kann. Fairerweise muss man natürlich auch hinterfragen, warum die Karten nicht von Bayern-Fans gekauft wurden. Anscheinend ist vielen doch das warme Wohnzimmer lieber als ein Stadionbesuch. Traurig aber wahr, wobei man aber auf solche Leute ohnehin getrost verzichten kann. In der Südkurve war es zumindest proppenvoll, was sich leider nicht auf die Stimmung auswirkte. Sicherlich war alles ganz nett und besser als bei einem Kick gegen Wolfsburg, aber die Tendenz zu einer abnehmenden Derby-Atmosphäre nimmt leider weiter ihren Lauf. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Giesinger schon lange (waren sie es jemals?) kein ernstzunehmender Gegner mehr sind. Ließen unsere (heute in wunderschönen ROTEN Trikots auflaufenden) Götter es in der ersten Halbzeit noch ruhig angehen, so schenkten sie dem Katzen-Torwart nach der Pause fünf Tore ein. Derart angeheizt gestaltete sich die Stimmung dann doch noch prächtig im Süden, wogegen sich im Norden der Abschaum schon lange vor Abpfiff nach Hause schlich (sofern man denn ein Zuhause hat, bei Giesingern ist das wohl eher die Ausnahme). Noch einmal, da man es nicht oft genug schreiben kann: Mit einem 5-0 Sieg wurde ein weiterer Glanzpunkt in der unendlichen Reihe von Derby-Erfolgen eingefahren. Nach dem Spiel gönnte ich mir noch ein Pils mit meinen Fanclubkollegen, bevor ich mich wieder von ihnen verabschieden musste, natürlich nicht ohne Verweis auf meine "stressige" 3-stündige Rückfahrt. Diese gestaltete sich dann auch mehr als angenehm, wobei ich über diverse mir im Zug mitgeteilte Kriegsberichterstattung einmal den Mantel des Schweigens hülle, da dies mit Fußball überhaupt nicht zu tun hat und auch kein Platz in diesem Heft verdient. Zurück in Stuttgart wurde ein perfekter Tag mit einem Arbeitskollegen auf mexikanisch begossen, so dass einem wohlverdienten Siegeskader nichts mehr im Wege stand! Und schon wieder Derbysieger - FCB !! Nachtrag: Zu dem Zeitpunkt, als ich mich schon längst auf den Weg nach Stuttgart befand, wachte auch Norbert G. wieder auf: In einer Toilette im Olympiastadion. Dort hatte er sich also während der ersten Halbzeit hingezaubert. Sein Geld reichte dann immerhin noch, um per Zug bis Koblenz zu gelangen, wo er sich von einem Freund abholen ließ und sicher nach Hause gelangte.